Was Webradiomacher unbedingt beachten sollten.
Selber auf Sendung gehen? Heutzutage kein Ding mehr. Radio machen kann dank Internet jeder.
Was man technisch dafür braucht, hat Marco Zaremba, ein junger Webradiomacher aus Wadersloh in Nordrhein-Westfalen, schon vor zwei Jahren in diesem Blog erklärt. Was bleibt, ist die Frage nach der Musik und dem Rechte-Hickhack. Denn:
- „Wie teuer ist eigentlich eine Lizenzierung bei GEMA und GVL?“
- „Lohnt sich eine Lizenzierung für uns?“
- „Gibt es Möglichkeiten, sich das Geld zu sparen?“
Diese Fragen stellen sich viele Webradiomacher.
Antworten jetzt von Marco Zaremba:
Über den Autor: Marco ist 16 und engagierter Medienmacher. Schon vor zwei Jahren hat er Radio Wadersloh mit gegründet. Dort koordiniert er ein elfköpfiges Team. Zudem engagiert er sich im Bürgerfunk und hilft anderen Teenagern dabei, Radio zu machen. Nebenbei moderiert er Events in seiner Stadt. Nach der Schule möchte er Journalismus studieren und später zum UKW-Rundfunk. Er twittert als @ZarembaMarco .
Zuerst einmal muss man sich darüber im Klaren sein, dass ein Nichtbeachten der Urheberrechte ganz schnell ganz teuer werden kann. „Auf Risiko“ setzen und einfach lizenzpflichtige Musik zu spielen in der Hoffnung, dass keiner es merkt, ist keine Alternative für seriöse Radiomacher. Die Kosten, die bei einer Abmahnung auf einen zukommen, übersteigen die Lizenzgebühren um ein Vielfaches.
GEMA und GVL
GEMA
Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte.
Sie sorgt dafür, dass Urheber, also Komponisten und Texter zum Beispiel, die bei der GEMA Mitglied sind, Geld bekommen, wenn ihre Songs, Stücke, Werke irgendwo zum Einsatz kommen, egal ob bei Konzerten, im Radio, in Filmen, im Fernsehen,.. Die GEMA ist von Staats wegen berechtigt, dieses Geld einzusammeln. Veranstalter und Medienschaffende sind verpflichtet, den Einsatz von GEMA-pflichtiger Musik zu melden und zu bezahlen.
Die GEMA stellt für Webradiosender folgende Auflagen:
- Das Live-Audiosignal darf auf maximal drei Stream-Adressen zur Verfügung stehen.
- Es dürfen im Monat maximal 430€ Nettoeinnahmen erzielt werden.
- Im Monat dürfen maximal 2.700 unterschiedliche Hörer erreicht werden (unique user).
- Jeder Hörer muss zur gleichen Zeit dasselbe hören, das heißt es darf kein personalisierter Kanal zur Verfügung stehen, noch darf auf einzelne Titel zugegriffen werden.
Erfüllt Euer Sender diese Auflagen, ist alles okay. Solltet Ihr von diesen Normen abweichen, solltet Ihr vor der Buchung der Lizenz unbedingt mit der GEMA in Kontakt treten.
Im GEMA Lizenzshop werden Lizenzen für die Zeiträume 1 Monat, 2 Monate, 3 Monate, 6 Monate sowie für ein ganzes Jahr angeboten. Wenn Ihr also am Anfang steht und noch nicht so recht wisst, wie lange Ihr Radio machen wollt, lohnt es sich vielleicht erst mal eine kleinere Option zu kaufen.
GEMA für Webradios pro Jahr: 385,20 €
Die Kosten liegen, egal welche Option man bucht, bei monatlich 30 € plus 7% Umsatzsteuer. Das heißt also, dass ein Jahr GEMA-Lizenz (inkl. Umsatzsteuer) 385,20 € kostet. Ein großer Batzen Geld, der finanziert werden will.
GVL
Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten
Sie sorgt dafür, dass auch die, die Musik „nur“ zur Aufführung bringen, Geld bekommen, sobald Aufnahmen davon gesendet oder ausgestrahlt werden. Es geht also um Sänger, Musiker, Tänzer und Schauspieler, deren Auftritte aufgezeichnet und dann wieder gesendet werden. Außerdem um Tonträgerhersteller, Videoproduzenten und Filmhersteller. Auch sie bekomen Geld, wenn ihre Aufnahmen irgendwo ausgestrahlt werden. Auch die GVL ist von Staats wegen berechtigt, Geld zu verlangen. Und wer lizenzrechlich geschützte Werke ausstrahlt, ist verpflichtet, das der GVL zu melden.
Für nichtkommerzielle Webradiomacher gilt bei der GVL folgende Abrechnungsweise:
Zu zahlen sind
- ENTWEDER Tarifmodell 1: 0,000333€ pro Titel und Hörer
- ODER Tarifmodell 2: 0,0001 € pro Sendeminute und Hörer.
- Dabei gibt es nach der GVL die Auflage, dass nur eine einzige Stream-Adresse betrieben werden darf.
- Die Mindestvergütung beträgt im Jahr 500 €.
Eine GVL-Beispielrechnung
Nehmen wir mal das Tarifmodell 2. Nehmen wir an, Ihr sendet rund um die Uhr. Dabei habt Ihr durchschnittlich 10 Hörer. Dann sieht eure Rechnung wie folgt aus:
0,0001 € x 10 = 0,001 € -> Minutentarif
0,001 € x 60 Minuten = 0,06 € -> Stundentarif
0,06 € x 24 Stunden = 1,44 € -> Tagestarif
1,44 € x 30 Tage = 43,20 € -> Monatstarif
43,20 € x 12 Monate = 518,40 €-> Jahrestarif
Genauere Ausführungen zur Lizenzierung findet Ihr in den Webcasting Bedingungen der GVL.
Es gibt Sondertarife
Seid Ihr nun aber ein besonderes, vielleicht sogar gemeinnütziges Projekt, das zum Beispiel die Jugendarbeit fördert, kann es sein, dass GEMA und GVL Euch spezielle Tarife anbieten. Hier hilft oft ein kurzer Anruf:
GEMA: +49 89 48003-800
GVL: +49 (30) 48483-600
Aber auch das waren noch nicht alle Kosten. Ihr könnt nämlich die Musik, die Ihr spielen wollt, nicht einfach von YouTube nehmen. Erstens weil die Qualität oft schlecht ist. Und zweitens weil der Download von YouTube und die anschließende Verbreitung über Internetradios eine weitere Urheberrechtsverletzung darstellen. Im Klartext: Es ist verboten.
Musik von irgendwo, geht nicht.
Ihr müsst also jeden einzelnen Musiktitel, den Ihr spielen wollt, kaufen. Bei diversen Musikanbietern im Netz kostet ein Titel so um die 1 Euro. Um aber ein wenig Auswahl zu haben, braucht Ihr mindestens 400 Titel. Und diese Rotation soll dann ja auch noch aktuell bleiben. Das bedeutet also, dass Euer Programm erneut Geld kostet. Mindestens ein paar hundert Euro.
Es geht auch ohne Lizensierung bei GEMA und GVL
Neueinsteiger sollten sich also genau überlegen, ob sich eine Lizenzierung bei GEMA und GVL lohnt.
Wir von Radio Wadersloh haben uns dagegen entschieden und spielen stattdessen GEMA-freie Musik – einfach, weil es für uns passender ist: Wir haben nicht genügend Hörer, um die GEMA-Lizenz durch Werbung finanzieren zu können. Umgekehrt würde es uns kaum mehr Hörer bringen, wenn wir GEMA-pflichtige Musik spielen würden. Tatsächlich ist genau das oft der Trugschluss: Mit einer GEMA-Lizenz für die großen Hits kommen nicht automatisch mehr Hörer. Das Programm muss im Gesamtpaket stimmig sein.
„Doch wie kommt man eigentlich an GEMA- und GVL-freie Musik?“
Um an rechte-freie Musik zu kommen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Ihr könnt
- lokale Künstler, Sänger, Musiker anschreiben und um Stücke bitten, die Ihr spielen dürft. Wichtig ist dabei, dass die Künstler nicht Mitglied bei der GEMA sind und ihre Stücke selbst komponiert und getextet haben. Denn auch auf Cover-Versionen liegen Urheberrechte, für die GEMA und GVL Geld verlangen.
- freie Musikpools nutzen wie Jamendo, ccMixter, EndeTv oder auch gegen Bezahlung bei Soundtaxi. Unbedingt zu beachten sind hierbei die jeweiligen Nutzungsbedingungen, die auf den einzelnen Webseiten oder unter den jeweiligen Titeln einzusehen sind. Oft zum Beispiel ist eine Weiterverbreitung nur unter Namensnennung oder nur für nichtkommerzielle Zwecke erlaubt. Das variiert von Seite zu Seite. Im Zweifelsfall müsst Ihr einfach mal bei den Seitenbetreibern per Mail nachfragen.
Nicht jedes Webradio braucht also eine teure GEMA-Lizenz. Man kann gut durchdachte Programme auch mit GEMA-freier Musik machen. Und das Geld, das Ihr bei der Lizenzierung spart, könnt Ihr locker für andere coole Sachen ausgeben, die Euch bei der Radioproduktion weiterhelfen. Wir bei Radio Wadersloh jedenfalls stecken lieber mehr Geld in die Technik als in die Bezahlung von Musikrechten für Hits, die eh überall laufen.
Stattdessen spielen wir viel Musik von noch jungen, unbekannten Musikern, die wir auf diesem Wege bekannter machen.
Sollten nun noch Fragen offen geblieben sein, könnt Ihr euch gern bei mir melden. Ich helfe euch sehr gerne weiter, auch wenn es um andere Fragen geht, die sich um das Webradio-Machen drehen. Kontaktiert mich am besten via Twitter oder Facebook.
Marco Zaremba
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Sie überlegen gerade, selbst ein eigenes Radio zu machen?
Die Idee finden wir klasse und würden Sie dabei gerne technisch unterstützen.
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Was im Artikel vergessen wurde ist die Möglichkeit über die Plattform laut.fm Radio zu machen. Wir betreiben unser Webradio – http://www.es-wird-morgen.de darüber und müssen so auch keine GEMA/GVL Gebühren bezahlen! Allerdings ist zu beachten das die Möglichkeiten Live zu senden nicht gegeben sind!
Stimmt. laut.fm kann noch nicht live. Soll aber noch dieses Jahr kommen. Das hat der Chef Rainer Henze erst diese Woche bei den Lokalrundfunktagen im Interview gesagt: http://lokalrundfunktage.de/media/2013/07/Interview-mit-Rainer-Henze.mp3 (bei 3:49)
Ansonsten ganz gut zum Live-Üben: http://de.1000mikes.com/
Hallo Michael,
du hast mit Laut.fm natürlich recht. Allerdings habe ich mich auf den aktuellen Stand der Dinge bezogen. Ein Tipp zum Thema 1000Mikes: Auch dort nur GEMA und GVL freie Musik spielen! Und unbedingt in der Senderbeschreibung angeben, dass man GEMA und GVL frei sendet. 1000Mikes ist bei solchen Sachen sehr schnell mit dem Sperren von Kanälen.
Liebe Grüße,
Marco
@Sandra: Diese News sind mir Neu und für uns natürlich fantastisch! Dann wird laut.fm eine echte Alternative für alle Hobby-Moderatoren in diesem Land. Vielen Dank für diesen Tipp.
@Marco: Das war mir schon klar, ich fand Deinen Artikel im übrigen sehr gut. Gerade die Aufstellung der Kosten von GEMA und GVL. Wo sich mir aber ehrlich gesagt die Fußnägel rollen – +500euro ist eine Menge Geld. Auch die GEMA-Regelung das maximal 2.700 unterschiedliche Hörer erreicht werden dürfen finde ich bedenklich. Es gibt viele Hörer die 3-4 Sekunden zu hören und dann wieder wechseln. Gerade seit dem wir auf iTunes vertreten sind haben wir öfter dieses Phänomen.
Danke. Und ja, die GEMA und ihr Sinn sind ein eigenes Thema. Wäre eigentlich ne interessante Podiumsdiskussion Wert. Meines Wissens gab es sowas noch nicht. Zumindest nicht offiziell. Naja, ich hab da auf jeden Fall so meine eigene Meinung dazu.
Liebe Grüße,
Marco
Vorsicht mit iTunes und Amazon. Diese Titel sind laut AGB meines Wissens nicht für den Streaminggebraucht lizenziert!
Hallo Benjamin, ich muss gestehen, dass ich die iTunes und Amazon Bedingungen nicht bis ins Detail kenne, allerdings weiß ich, dass du der GEMA beweisen können musst, dass du die Titel gekauft hast. Und das kannst du ja zum Beispiel mit dem iTunes Kaufbeleg.
Liebe Grüße,
Marco
Zu diesem Thema höre ich von allen Seiten immer wieder unterschiedliche Antworten. Ich glaube hier würde es helfen eine offizielle Anfrage an die GEMA und GVL zu machen. Wer wirklich sicher gehen will wird über diesen Weg nicht drum rum kommen. Und vielleicht kann derjenige uns dann ja die Antwort hier nieder schreiben! ;)
Eine weitere Plattform mit Musik überwiegend aus Deutschland ist http://www.myownmusic.de
Man sollte sich auch mit Creative Commons-Lizenzen beschäftigen. Ist man wirklich nichtkommerziell, so können werke mit diesen Lizenzen großzügig eingesetzt werden – nicht nur Musik, das gilt auch z.B. für Fotos in Print. Die Frage, wo kommerziell anfängt, ist leider nicht so klar zu sagen. Ist es kommerziell, sobald man Werbung hat? Dann sind die öffentlich-rechtlichen kommerziell. Andererseits produziert z.B. ARTE immer wieder Material, das CC-lizensiert veröffentlicht wird. Mhh.
Ich persönlich höre „großes Radio“ leider gar nicht mehr wegen der Musik. Die Neuentdeckungen finden für mich schon lange ganz wo anders statt. Im lokalen freien Radio, auf Facebook, in Blogs, auf Jamendo. Ein Webradio, das (mir) neue Musik spielt, finde ich spannend.
Danke Marco. Wir haben uns entschieden einen Sender mit GEMA-freier Musik zu eröffnen.
Danke Marco,
der Blog ist sehr hilfreich und ich habe mich jetzt auch dafür entschieden Gemafreie Musik zu spielen. Neue Musiker bekannt werden lassen ist ein gutes Ding!
DANKE :)
Gruß Andrew Knapp
Hallo Marco,
ich bin für mein folgendes Problem im Netz leider nicht so recht, schlüssig fündig geworden, daher jetzt meine Frage an dich!
Ich möchte am 10.04.2015 die 2 Stündige Sondersendung zum Split der Beatles machen. Mit mehr als 3 Songs von den Beatles! Jetzt meine Frage, was muss ich beachten, was muss ich tun (Genemigungen??) um diese Sendung aufn Steam bringen zu dürfen! Vielen Dank für deine Mühe und Antwort.
Beste Grüße Heinz